Politische Grundsatzbeschlüsse und Finanzierung

Die kommunale Verwaltung nutzt bewährte Strategien, um Prozesse wie die Parkraumbewirtschaftung effektiv und zügig umzusetzen. Sie braucht dafür gerade bei umstrittenen Projekten ein eindeutiges politisches Votum und damit politische Rückendeckung sowie eine solide finanzielle Ausstattung. Wie das erfolgreich gelingt, zeigen die folgenden Ausführungen.

Die Einführung von Parkraumbewirtschaftung basiert auf dem Straßenverkehrsgesetz (StVG) und auf straßenverkehrsrechtlichen Anordnungen nach der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO). Für die rechtssichere Einführung einer neuen Parkraumbewirtschaftungszone ist nicht entscheidend, ob sich die Kommunalpolitik oder die Mehrheit der Anwohnenden für die Einführung von Parkraumbewirtschaftung ausspricht, sondern ob die Einführung straßenverkehrsrechtlich korrekt begründet ist. Voraussetzung hierfür sind Kriterien der Sicherheit und der Ordnung des Verkehrs sowie beim Bewohnerparken der Nachweis des Parkdrucks. De facto sind solche Entscheidungen sehr umstritten, sodass die Verwaltung sich politische Rückendeckung in Form von kommunalpolitischen Beschlüssen holt.

In großen Städten – beispielsweise in München – sind mehrere Informations- und Beschlussschleifen über das Stadtparlament und die jeweiligen Bezirksgremien üblich (siehe Abbildung 1). Zuerst schlägt die Verwaltung dem Stadtrat potenzielle Bewirtschaftungsgebiete vor. Stimmt das Parlament zu, erfolgt anschließend die Beauftragung eines externen Gutachtens, welches den Parkdruck nachweist. Im Regelfall erarbeitet die Verwaltung das konkrete Parkraumbewirtschaftungskonzept für die jeweilige Zone. Das Konzept wird mit dem Stadtparlament und den Bezirksgremien rückgekoppelt. Bis zu diesem Zeitpunkt ist in München bereits ein Jahr vergangen. Die letzte Freigabe gibt der Stadtrat, wenn Gelder für Beschaffungen und Überwachungspersonal erforderlich werden. Diese vielen Abstimmungen kosten nicht nur Zeit, sondern bergen auch die Gefahr, die Maßnahme immer wieder neu begründen zu müssen und von wechselnden politischen Mehrheiten abhängig zu werden. Im Schnitt dauert der Prozess zur Einführung einer neuen Parkzone in München etwas mehr als zwei Jahre (siehe auch Abbildung 2).

Abbildung 1
 

Abbildung 2
 

Grundsatzbeschlüsse vermeiden wiederkehrende Abstimmungen

Andere Kommunen fassen Grundsatzbeschlüsse für die Einführung der Parkraumbewirtschaftung in größeren, zusammenhängenden Stadtgebieten:

  • Die Hansestadt Hamburg hat im Koalitionsvertrag zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen (Juni 2020) festgehalten, die Parkraumbewirtschaftung und das Bewohnerparken in dicht besiedelten, urbanen Quartieren systematisch und möglichst flächendeckend weiter auszubauen.[1] Zudem ist in der Hamburger Verfassung (Artikel 4) geregelt, dass staatliche (Bundesland) und kommunale Aufgaben nicht getrennt werden. Die Landesbehörden können deshalb für das gesamte Stadtgebiet handeln. Die Bezirke werden informiert, sind aber – anders als in Berlin – für die Umsetzung der Parkraumbewirtschaftung nicht zuständig. Seitdem wurden in drei Jahren 45 neue Parkraumbewirtschaftungszonen eingeführt, in den fünf Jahren davor waren es lediglich 15 (siehe Abbildung 3 und Abbildung 4).  

 

Abbildung 3

 

Abbildung 4

 

  • Berlin und Frankfurt am Main haben 2019 die drohenden Diesel-Fahrverbote abgewendet, indem unter anderem Grundsatzbeschlüsse im Luftreinehalteplan zur flächendeckenden Einführung der Parkraumbewirtschaftung gefasst wurden. Nun geht es zügiger voran (siehe Abbildung 5). Der Berliner Bezirk Mitte hat im Zeitraum von April 2021 bis Dezember 2022 15 neue Parkraumbewirtschaftungszonen gestartet und bewirtschaftet seine Bezirksfläche inzwischen nahezu vollständig. Der Bezirk bietet benachbarten Bezirken bereits Amtshilfe an, das heißt, er unterstützt die Kolleg:innen anderer Bezirke bei der Einführung neuer Zonen mit Rat und konkretem Personaleinsatz. Bei vergleichbarer Ausgangslage (zentrale Lage, hoher Parkdruck) kommen andere Bezirke deutlich langsamer voran. Die Gründe dafür sind vielfältig.
  • In der Stadt Freiburg im Breisgau hat der Gemeinderat, ausgehend von den bestehenden Parkgebührenzonen, die Verwaltung beauftragt, in den Quartieren der Gebührenzonen 1 und 2 den Parkraum flächendeckend zu bewirtschaften und zudem ein Konzept zu erarbeiten, in welchen Quartieren des übrigen Stadtgebiets (Zone 3) ebenfalls eine Bewirtschaftung des Parkraums eingeführt werden soll.

 

Abbildung 5


Gibt es einen politischen Auftrag zur Einführung von Parkraumbewirtschaftung, können anschließend die einzelnen Verfahrensschritte effizienter geplant und umgesetzt werden:

  • So können politische Gremien lediglich informiert werden, es braucht aber keine weitere Beschlussfassung mehr.
  • Die Beteiligung der Bürger:innen kann sich auf die umfassende Information beschränken, oder es kann nur dort beteiligt werden, wo Konflikte absehbar sind.
  • Darüber hinaus können Ausschreibungen für Machbarkeitsstudien für mehrere Zonen erfolgen und Rahmenverträge für die Beschaffung von Schildern oder Parkscheinautomaten geschlossen werden.

 

Transparenz bezüglich Einnahmen und Ausgaben schaffen

In der Regel fließen die Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung (Parkgebühren, Bußgelder, Gebühren für Bewohnerparkausweise) in den allgemeinen Haushalt einer Kommune. Diese Einnahmen stehen aber nicht in allen Kommunen direkt für Ausgaben im Rahmen der Parkraumbewirtschaftung zur Verfügung, wodurch Finanzierungslücken die Erweiterung der Parkraumbewirtschaftung häufig verhindern. Anders in Hamburg und Berlin:

In Hamburg ist der für die Parkraumbewirtschaftung zuständige Landesbetrieb als eigenwirtschaftlich agierendes kommunales Unternehmen organisiert und hat damit einen Überblick über die Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung. Einnahmen können hier nicht nur in die Prozessoptimierung investiert werden, zum Beispiel in die Anschaffung von Software für das automatische Ausstellen der Bewohnerparkausweise, sondern sie können auch in die Erweiterung der Parkraumbewirtschaftung reinvestiert werden, wie zum Beispiel den Personalaufwuchs für die Überwachung oder die Anschaffung von Parkscheinautomaten (siehe Abbildung 6). Trotz der Reinvestitionen werden in Hamburg jährlich mehrere Millionen Euro Überschüsse erwirtschaftet, die für die Finanzierung der Mobilitätswende genutzt werden können.
 



Abbildung 6


In Berlin erlaubt die Senatsverwaltung den Bezirken, eigene Wirtschaftspläne für die Parkraumbewirtschaftung aufzustellen. Hintergrund war die Tatsache, dass Bezirke keine Rücklagen und finanziellen Mittel für die Einführung neuer Parkraumbewirtschaftungszonen (Machbarkeitsstudien, Anschaffung von Parkscheinautomaten) hatten. Die Einnahmen der Parkgebühren fließen nun zu 100 Prozent, die der Bußgelder zu 50 Prozent in den Wirtschaftsplan und können zweckgebunden für die Einrichtung einer neuen Parkraumbewirtschaftungszone verwendet werden. Damit decken sie die laufenden Unterhaltungskosten für bereits vorhandene Zonen. Darüber hinausgehende Überschüsse können zur Realisierung nicht anders finanzierbarer Projekte genutzt werden, etwa für Schulsanierungen oder Straßenbegrünungen.

Im Bezirk Berlin-Mitte refinanziert sich die Investition in die Parkraumbewirtschaftung im Verhältnis 1 zu 1,4. Doch nicht in allen Bezirken wird sich ein entsprechender Überschuss realisieren lassen. Die Wirtschaftlichkeit ist abhängig von dem Zentralitätsgrad der Gebiete, der Carsharing-Dichte, dem dort herrschenden Parkdruck, der lokalen Nutzungskonkurrenz und der ausgeübten Kontrollintensität, aber auch von der Höhe der Parkgebühren, der Höhe der Gebühren für Bewohnerparkausweise und Bußgelder.

 

Zusammenfassung

Politische Grundsatzbeschlüsse helfen bei der zügigen Einführung von Parkraummanagement. Hinderlich sind hingegen zahlreiche Informations- und Beschlussschleifen, beispielsweise im Stadtparlament und den jeweiligen Bezirksgremien. Es kann ausreichen, die Bürgerinnen und Bürger umfassend zu informieren – auch über Vorteile für Autofahrer:innen, wie etwa weniger Parksuchverkehr. Auf Beteiligung von Politik und Bevölkerung sollte in erster Linie dort gesetzt werden, wo Konflikte absehbar sind. Beschleunigend wirkt es außerdem, die Parkraumbewirtschaftung in einem eigenwirtschaftlichen Unternehmen (wie etwa einem Kommunal- oder Landesbetrieb) zu organisieren.

 

[1] Koalitionsvertrag über die Zusammenarbeit in der 22. Legislaturperiode der Hamburgischen Bürgerschaft zwischen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen, https://www.hamburg.de/senatsthemen/koalitionsvertrag/, S. 110.

Wolfgang Aichinger

Projektleiter Städtische Mobilität,
Agora Verkehrswende

 

Partner: Dipl.-Geogr. Uta Bauer

Teamleiterin, Forschungsbereich Mobilität am
deutschen Institut für Urbanistik (difu)
Foto: ©David Ausserhofer

 

Vom Plan auf die Straße


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