Deutsche Autohersteller sind in punkto Klimaschutz „auf der Zielgeraden“

Studie von Agora Verkehrswende bescheinigt BMW, Daimler und VW überraschend gute Chancen, ihre CO2-Zielwerte für das Jahr 2021 zu erreichen. Die Politik sollte sie jetzt mit „eindeutigen Signalen“ unterstützen.

Die drei deutschen Autohersteller BMW, Daimler und Volkswagen können ihre für das Jahr 2021 von der EU vorgegebenen Zielwerte für den Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2) erreichen und auf diese Weise teure Strafzahlungen abwenden. Diese Chance haben die Hersteller, obwohl jeder von ihnen in den vergangenen Jahren den Absatz besonders schwerer und hochmotorisierter Modelle kräftig gesteigert hat. Trotz dieses Trends im SUV-Segment ist der CO2-Zielwert für 2021 „unter plausiblen Rahmenbedingungen“ einzuhalten, heißt es in einer Studie des Think Tank Agora Verkehrswende. Voraussetzung dafür ist unter anderem „eine deutliche Steigerung der Zulassungen von Elektrofahrzeugen auf Marktanteile von 8 bis 15 Prozent“.

Der Expertise, die der International Council on Clean Transportation (ICCT) im Auftrag von Agora Verkehrswende angefertigt hat, liegen Szenarien zugrunde, die auf öffentlichen Ankündigungen der Hersteller beruhen und aus den Produktstrategien der vergangenen Jahre abgeleitet sind. Danach besteht bei allen Herstellern „ein Potenzial zur Verbesserung des konventionellen Verbrennungsmotors“; ihre CO2-Zielwerte für das Jahr 2021 können die Hersteller jedoch nur mit einer „deutlich entschiedeneren Elektrifizierung der Neufahrzeugflotte“ erreichen.

Die CO2-Zielwerte beruhen auf einer EU-Regulierung und sind abhängig vom Gewicht der in der EU verkauften Fahrzeuge; sie unterscheiden sich deshalb von Hersteller zu Hersteller. Für Daimler und BMW beträgt der CO2-Zielwert 102 Gramm pro Kilometer, für VW 96 Gramm. Im Jahr 2018 hatten in Europa verkaufte Daimler-Fahrzeuge durchschnittliche Emissionen von 133 Gramm pro Kilometer; der entsprechende Wert für BMW betrug 128 Gramm und für VW-Fahrzeuge 122 Gramm. Hersteller, die ihren Zielwert für 2021 verfehlen droht eine Strafe von 95 Euro pro Gramm Zielverfehlung, multipliziert mit der Anzahl der verkauften Fahrzeuge. Auf diese Weise können Strafzahlungen rasch siebenstellige Summen erreichen.

„Wenn die Hersteller sich jetzt anstrengen können sie ihre CO2-Ziele trotz des Trends zu SUV noch erreichen und sehr teure Strafzahlungen vermeiden“, sagt Christian Hochfeld, Direktor von Agora Verkehrswende. „Dafür ist eine ambitionierte Elektrifizierung der Flotte unerlässlich. Hier ist auch die Politik gefragt, durch den Ausbau der Ladeinfrastruktur Vertrauen bei potenziellen Käufern zu schaffen.“

Laut der Agora-Studie arbeiten alle Hersteller mit unterschiedlichen Strategien an der Effizienzsteigerung des konventionellen Verbrennungsmotors, des Getriebes und des Fahrwiderstandes. BMW nutzt einen neuartigen Materialmix aus hochfestem Stahl, Aluminium und Karbonfasern, VW setzt auf ein Brennverfahren mit höherer Verdichtung, Daimler ist führend bei der Nutzung der von der EU zertifizierten „Öko-Innovationen“.

Alle Hersteller haben darüber hinaus „große Pläne“ für die Elektrifizierung des Antriebsstranges. Für Fahrzeuge von VW und Daimler soll die 48-Volt-Technologie in naher Zukunft selbstverständlich sein, BMW setzt auf Plug-in Elektrofahrzeuge (PHEV), also auf eine Kombination von Elektroantrieb mit Stecker und Verbrennungsmotor. Rein batterieelektrische, also lokal emissionsfreie Fahrzeuge (BEV) hätten laut der Studie im Jahr 2021 bei BMW ein Absatzanteil von 3 Prozent, bei Daimler von 4 Prozent und bei VW von 6 Prozent. Die CO2-Zielwerte wären laut der Studie auch ohne PHEV oder BEV erreichbar, würden die deutschen Hersteller, ähnlich wie Toyota, einen Großteil ihrer Fahrzeuge als konventionelle Vollhybride ausliefern.

Angesichts der zentralen Rolle der Elektrifizierung sollte der Gesetzgeber auf deutscher und europäischer Ebene die Hersteller bei ihrer weiteren Produktplanung „mit eindeutigen Signalen“ unterstützen, heißt es in der Studie. Agora-Direktor Hochfeld fordert neben dem Ausbau der Ladeinfrastruktur auch fiskalische

Maßnahmen: „Die Steuerpolitik sollte Anreize zur Anschaffung klimaverträglicher Fahrzeuge setzen - durch eine niedrigere Kfz-Steuer für emissionsarme Autos. Diese Begünstigung sollte durch eine Steueranhebung für höher emittierende Fahrzeuge gegenfinanziert werden.“

Die Publikation mit dem Titel „Auf der Zielgeraden. Die deutschen Automobilhersteller im Kontext der europäischen CO2-Vorgaben für 2021“ ist hier kostenfrei abrufbar. Transport & Environment veröffentlicht am 09.09.2019 zum gleichen Thema aus europäischer Sicht eine Studie, die hier abrufbar ist.

Agora Verkehrswende ist eine gemeinsame Initiative der Stiftung Mercator und der European Climate Foundation.

Für weitere Informationen

Dr. Fritz Vorholz

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