Autokaufprämien: Verkehrtwende statt Verkehrswende

Kommentar von Christian Hochfeld zu den Plänen, steuerfinanzierte Kaufprämien für Neuwagen ab Energieeffizienzklasse B einzuführen.

Zu den Berichten, dass das Bundeswirtschaftsministerium eine steuerfinanzierte Kaufprämie für Neuwagen ab Energieeffizienzklasse B für die am Dienstag geplante Sitzung des Koalitionsausschusses vorschlägt, sagt Christian Hochfeld, Direktor der Denkfabrik Agora Verkehrswende:

„Das ist Verkehrtwende statt Verkehrswende. So eine steuerfinanzierte Kaufprämie wäre wirtschafts-, sozial- und klimapolitischer Unsinn – und alle wissen es, von den Wirtschaftsweisen bis zum Bundestagspräsidenten.

Wirtschaftspolitischer Unsinn, weil durch Kaufprämien vor allem ohnehin geplante Käufe auf die Zeit der Prämien konzentriert werden. Die Kauflaune zieht bereits wieder an. Die Diskussion über Kaufprämien führt dagegen dazu, dass Verbraucherinnen und Verbraucher abwarten, bis der staatlich finanzierte Ausverkauf beginnt. Und anstatt die Transformation der Automobilbranche hin zu emissionsfreien Fahrzeugen zu unterstützen, zementieren die Kaufprämien das überholte Geschäftsmodell von heute. Das wird den Unternehmen langfristig schaden.

Sozialpolitischer Unsinn, weil bei einer Prämie ab Effizienzklasse B Supermarktkassierer und Krankenschwestern den Kauf von Schwergewichten wie etwa den Audi Q7 45 TDI Quattro mitfinanzieren würden. Der Bruttolistenpreis dieses Autos liegt bei 73.320 Euro, der Kraftstoffverbrauch bei 8,5 Liter auf 100 Kilometer, der CO2-Austoß bei 223 Gramm pro Kilometer nach dem WLTP-Messverfahren. Wer sich so ein Auto leisten kann, braucht keine Staatshilfe von 2.500 Euro aus der Tasche der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.

Klimapolitischer Unsinn, weil Prämien ab Effizienzklasse B nicht einmal den Schein eines ökologischen Anspruchs wahren würden. 2018 erreichten bereits über 70 Prozent der in Deutschland verkauften Fahrzeuge diesen Standard – nicht weil dieser so streng wäre, sondern weil das Pkw-Label falsch angelegt und seit langem reformbedürftig ist. Autohersteller werden dafür belohnt, möglichst schwere Autos auf den Markt zu bringen. In der Konsequenz verbrauchen Neufahrzeuge heute im Schnitt nicht weniger Sprit als vor zehn Jahren. Mit Kaufprämien ab Effizienzklasse B kommen hochemittierende Autos auf die Straße, die für rund fünfzehn Jahre die Umwelt und das Klima belasten. Allen sollte klar sein, was für eine Botschaft die Bundesregierung mit einer solchen Kaufprämie in die ganze Welt senden würde: Wir torpedieren den Klimaschutz. Schwere Autos sind uns wichtiger als ein lebenswerter Planet.

Noch ist die Entscheidung nicht gefallen. Es gibt bessere Lösungen, zum Beispiel ein Aufschlag für emissionsintensive Autos (Malus), der die Vergünstigung für effiziente Autos finanziert (Bonus). Profitieren könnten davon Fahrzeuge bis zu einem CO2-Ausstoß von 110 Gramm pro Kilometer nach WLTP. Jede Art von Vergünstigung für den Autokauf, auch der bestehende Umweltbonus für E-Autos, könnte aufkommensneutral über ein solches Bonus-Malus-System im Rahmen der Reform der Kfz-Steuer finanziert werden. Zu der Reform der Kfz-Steuer hat sich die Bundesregierung bereits im Klimaschutzprogramm bis Ende 2020 selbst verpflichtet. Im Ergebnis zahlen die einen mehr für schwere Autos, damit die anderen weniger zahlen müssen für leichte, sparsame Autos. Aufgrund der Krisenlage könnte der Bonus vorgezogen wird. Also: Bonus jetzt, Malus später. Das hätte dann auch, wie gewünscht, einen positiven Effekt auf die Konjunktur.“

Agora Verkehrswende hat ihre Vorschläge für Konjunkturanreize in der Mobilitätswirtschaft in einem gemeinsamen Papier mit Agora Energiewende zusammengefasst (siehe S. 22-27). Das Papier ist als Download verfügbar unter: https://www.agora-verkehrswende.de/veroeffentlichungen/der-doppelte-booster-1/.

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