Parkraummanagement: Das „Landauer Modell“

Die Stadt Landau bewirtschaftet große Teile des öffentlichen Parkraums ohne das übliche „Bewohnerparken“. Stattdessen gelten für Gäste und Ansässige einheitliche Gebühren. Seitdem werden Parkhäuser und private Stellflächen effizienter genutzt; dem öffentlichen Raum bleibt viel Autoverkehr erspart. Möglich wurde die Neuorganisation des Parkens auch durch eine effiziente Ämterstrukturierung.

Von Wolfgang Aichinger (Agora Verkehrswende) und Lukas Hartmann (Bürgermeister Stadt Landau)

Wer beruflich aus dem ländlich geprägten Umland nach Landau pendelt, hat wegen der lückenhaften Schienenanbindung oft kaum eine Alternative zum Pkw. Wer dagegen in der Landauer Innenstadt wohnt, ist mitunter weniger aufs Auto angewiesen, erhielt aber bis 2021 durch Bewohnerparkausweise privilegierten Zugang zu öffentlichen Stellflächen.

Im Jahr 2021 begann Lukas Hartmann, Verkehrsdezernent der Stadt Landau und Co-Autor dieses Beitrags, das zu ändern. Er überzeugte die Mehrheit des Stadtrates in allen kernstädtischen Quartieren ein Parkraummanagement mit Bewirtschaftung einzuführen – schaffte umgekehrt jedoch die bislang bestehenden Bewohnerparkausweise ab. Seitdem gibt es für Anwohnende und Gäste die gleichen Parkausweise. Wegen der positiven Auswirkungen auf den Verkehr und den öffentlichen Raum herrscht unter den rund 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnern von Landau mittlerweile Akzeptanz für die Regelung.

Rechtliche und verkehrsplanerische Grenzen des Bewohnerparkens

Der öffentliche Parkraum in Landau wurde bis zur Umstellung allein in der Innenstadt und in einem Quartier nahe dem Hauptbahnhof bepreist. Viele der Parkplätze wurden jedoch dauerhaft von der Wohnbevölkerung belegt, die von den Kurzparkgebühren befreit war. Die Parknachfrage aus dem Umland landete daher in den angrenzenden Stadtteilen. Das erhöhte dort den Pkw-Verkehr, weshalb wiederholt die Ausdehnung des Bewohnerparkens gefordert wurde.

Die gewünschte Ausweitung wurde im Laufe der Jahre von vier Dezernenten dreier unterschiedlicher Parteien geprüft – stets mit dem gleichen Ergebnis. Zwar war die Parkauslastung in den innenstadtnahen Straßen sehr hoch, doch nur wenige hundert Meter entfernt war öffentlicher Parkraum verfügbar und ungenutzt. Somit war eine der wesentlichen rechtlichen Voraussetzungen für das Bewohnerparken nicht erfüllt, obwohl die relativ dichte Bebauung durch Mehrfamilienhäuser durchaus dafürsprach. Nach genau derselben Prüfschleife kam Verkehrs- und Ordnungsdezernent Hartmann im Jahr 2021 zu einer neuen, von den StVO-Vorgaben unabhängigeren Lösung, die auch stärker auf die lokalen Bedarfe eingeht: Der öffentliche Raum in der Innenstadt und angrenzender Gebiete sollte zur Steuerung der Nachfrage bewirtschaftet werden – und zugleich sollte es Dauerparkausweise geben, die sowohl Anwohnerinnen und Anwohner als auch Pendlerinnen und Pendler aus dem Umland erwerben können.

Öffnung für alle Nutzergruppen: Das Ende des Bewohnerparkens

Die Gebühr für den bisherigen Bewohnerparkausweis lag lange Zeit bei 25 Euro pro Jahr, also nicht einmal zweieinhalb Euro pro Monat. Höhere Gebühren sahen die Landesregelungen nicht vor. Die Bewirtschaftung neuer Zonen auf dieser Gebührenhöhe hätte nicht einmal die Verwaltungskosten gedeckt – und die Einführung deutlich teurerer Dauerparktickets wäre wahrscheinlich als ungerecht empfunden worden. Während Anwohnerinnen und Anwohner in der stark nachgefragten Innenstadt für unter drei Euro im Monat parken konnten, hätte man in den neuen Parkzonen ein Vielfaches entrichten müssten. Auch verkehrlich war das bestehende System wenig sinnvoll: Viele der allein für Anwohnerinnen und Anwohnern vorgesehenen Stellplätze blieben tagsüber ungenutzt, da die Nutzerinnen und Nutzer selbst in ihren Autos zur Arbeit pendeln. Einpendlerinnen und Einpendler konnten diese Stellplätze aber nicht nutzen – und parkten stattdessen in umliegenden, unbewirtschafteten Wohngebieten. So entschied sich die Stadt für das Ende des Bewohnerparkens und ein einheitliches sowie einfach nachvollziehbares System in der gesamten Stadt.

Neue Lösung: Dauerparktickets für alle – auf zeitgemäßem Kostenniveau

Das neue Konzept des Parkraummanagements ermöglicht trotz der bestehenden StVO-Vorgaben nachvollziehbare Gebietsgrenzen, etwa entlang von Hauptverkehrsachsen oder Bahnlinien. Die Zonen umfassen jeweils mehrere hundert bis zu 1.400 öffentliche Stellplätze, die in fußläufiger Entfernung für Anwohnende zu erreichen sind. Der Großteil dieser Stellplätze kann durch ein quartiers- und fahrzeuggebundenes Dauerparkticket genutzt werden. Dabei wird nicht mehr zwischen Anwohnerinnen und Anwohnern auf der einen Seite und Gästen, Kundinnen und Kunden, Besucherinnen und Besuchern, Pendlerinnen und Pendlern auf der anderen Seite unterschieden. Sondertickets und fast alle Ausnahmen wurden eingestellt.

Angeboten werden nun:

  • 4-Monats- und Jahrestickets (erhältlich im Bürgerbüro der Stadt Landau oder online),
  • Kurzzeit-, Tages- bzw. Wochentickets (erhältlich an Parkscheinautomaten) und
  • Monatstickets (erhältlich nur per Handyparken, um Verwaltungskosten zu senken).  

Die Gebührenhöhe variiert zwischen den einzelnen Quartieren. So lagen die monatlichen Kosten anfangs bei 25 Euro in der Innenstadt, in den anliegenden Gebieten bei 12,50 Euro. Um die Akzeptanz der Umsetzung zu stärken, wurden die bis dahin gültigen Bewohnerparkausweise einmalig und kostenlos um zwölf Monate verlängert. Den Kauf eines neuen Dauerparkausweises unterstützte die Stadt Landau bei Abgabe des alten Bewohnerparkausweises mit einem Nachlass von 50 Prozent. Das sollte die sozialen Härten abfedern, mit denen die Veränderung für manche verbunden war.

Umsetzung: Die meisten Aufgaben sind zentral organisiert

Die rasche und erfolgreiche Umsetzung des neuen Parkraummanagements liegt auch an der effizienten Ämterstrukturierung in Landau.  Agora Verkehrswende konnte 2023 in einer Analyse darstellen, dass viele Kommunen die zahlreichen Schritte zur Umsetzung neuer Parkzonen auf mehrere Ämter verteilen. Das sorgt für viel Abstimmungsbedarf – und beinhaltet mitunter auch das Risiko politischer Blockaden.

In Landau ist für die meisten Aufgaben beim Einführen von Parkraummanagement das Ordnungsamt zuständig (siehe Abbildung ##). Dazu zählen u.a. die Entwicklung des Konzepts für einzelne Parkzonen, die verkehrsrechtliche Anordnung, das Ausstellen der Parkausweise und die Kontrollen. Das Ordnungsamt in Landau liegt – wie die ebenfalls beteiligte Mobilitäts- und Tiefbauabteilung des Stadtbauamtes – im Verantwortungsbereich von Dezernent Hartmann, der vom Stadtrat mit der Einführung der neuen Parkregeln beauftragt wurde.

Diese klare und gebündelte Regelung von Zuständigkeit empfiehlt auch Agora Verkehrswende. Sie lässt sich mit spezialisiertem Projektmanagement kombinieren und auch auf andere Bereiche der Verkehrswende übertragen – zum Beispiel die Umsetzung von Fahrradstraßen.

 

Erste Effekte: Vermehrte Nutzung privater Flächen

Die neue Parkregelung wurde auch nach dem Stadtratsbeschluss weiterhin kontrovers von Bürgerinnen und Bürgern diskutiert – bis wenige Wochen nach dem Start erste Veränderungen spürbar wurden. Die Gebührenpflicht für das Parken in der neuen Parkzone Südstadt sorgte dafür, dass private Flächen wie Tiefgaragen, Hinterhöfe und Garagen wieder mehr für das Parken genutzt wurden. Der Wertstoffhof berichtete von zahlreichen Entrümpelungen im betroffenen Bezirk. Neue elektronische Hoftore wurden installiert, und manche zu klein gewordene Garagen wurde abgerissen und gegen ebenerdige Stellplätze ersetzt. Die Bepreisung des öffentlichen Raums löste also private Investitionen und kreatives Handeln aus. Bis heute ist der positive Effekt feststellbar. Der Parkdruck ist erheblich gesunken. Die Versiegelung von Gärten, die damals bis heute befürchtet wird, blieb dagegen aus.

Was nicht ausblieb, war Verdrängung des Parkverkehrs in die weiterhin unbewirtschafteten Stadtteile. Um dem zu begegnen, wurden Anfang 2023 neue Parkzonen eingerichtet. Die Tarife für das Monatsticket stiegen auf 30 Euro für die Innenstadt und 18 Euro für die umliegenden Quartiere, das Tagesticket kostet nun in der Innenstadt vier Euro. Der für eine ländliche Region vergleichsweise hohe Preis hatte keine messbaren negativen Auswirkungen auf Besucherzahlen der Landauer Innenstadt.

Vielfältiger Nutzen von Parkraummanagement

Die innovativen Dauerparktickets, die allen Nutzergruppen offenstehen, bringen bereits vielfältige Vorteile und ermöglichen weitere Verbesserungen. Die Gebühren verringern den sogenannten Parkdruck, was wiederum die Rücknahme bisher geduldeten Gehwegparkens vereinfacht. Zugleich wird in Landau nun für jedes Quartier, das neu ins Parkraummanagement aufgenommen wird, geprüft, ob Feuerwehr und Müllabfuhr durch geparkte Fahrzeuge behindert werden. Die Stadt Landau arbeitet außerdem daran, Kreuzungsbereiche auf einer Länge von acht bis zehn Metern von parkenden Fahrzeugen freizuhalten. Das erleichtert Abbiegevorgänge und erhöht die Sicherheit für den Rad- und Fußverkehr durch die bessere Übersichtlichkeit.

Rathausplatz in Landau/Pfalz: Die Innenstadt, aber auch äußere Stadtteile profitieren vom effektiven Parkraummanagement, das für bessere Ordnung und Verkehrssicherheit und weniger Parksuchverkehr sorgt. Foto: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rathausplatz_Landau_in_der_Pfalz.jpg, Anna16, CC BY-SA 4.0 Deed

 

Parkraummanagement erlaubt auch eine örtlich gezielte Nachfragesteuerung – etwa im Umfeld eines Krankenhauses. Bereiche, in denen nur Kurzzeitparken oder ggf. auch ein Tagesticket gelten, jedoch keine Dauerparkausweise, lenken Mitarbeitende auf die Parkflächen des Krankenhauses, während Besucherinnen und Besucher im Umfeld Kurzzeitparkplätze nutzen können. Der vergleichsweise hohe Preis sowie die Begrenzung der Höchstparkdauer sorgen dafür, dass ein einzelner Stellplatz nicht nur von einem Fahrzeug pro Tag genutzt werden kann.

Erträge und Finanzierung des Stadtbussystems

Die Gebührenerhöhungen und die Ausweitung des Parkraummanagements sorgen in Landau für jährliche Mehreinnahmen von 1,8 Mio. Euro. Nicht eingeschlossen darin sind Bußgelder, die aufgrund von Regelverstößen trotz eindeutiger Kommunikation und Ausschilderung an der Tagesordnung sind. Die Einnahmen decken zum einen die zusätzlichen Kosten, die im Außendienst des Ordnungsamtes durch die Ausweitung entstehen und finanzieren außerdem ein ausgeweitetes Stadtbussystem. Bis 2021 gab es nur drei Stadtbuslinien, die zwischen 8 und 20 Uhr im 30- bis 60-Minuten-Takt Verbindungen anboten. Der Ende 2022 eingeführte „Landau Takt 2022“ hat die Anzahl der Stadtbuslinien in diesem Bereich erhöht, die Bedienzeit deutlich ausgeweitet und die Taktung auf 15 bis 30 Minuten verbessert. Außerdem wurden Linienwege der Regional- und Stadtbuslinien möglichst zusammengelegt, um die Taktungen noch darüber hinaus zu verbessern. Ergänzend wurde ein On-Demand­System eingeführt, das zwischen 21 Uhr und 3 Uhr einen bedarfsorientierten öffentlichen Nahverkehr sicherstellt. Tagsüber versorgen die Fahrzeuge Quartiere am Rande des Stadtgebietes, die über keine angemessene Linienbusversorgung verfügen. Noch decken die Einnahmen nicht gänzlich die Kosten, was aber durch die nächsten Erweiterungsschritte und regelmäßige Gebührenanpassungen angestrebt wird.

Rechtliche Grundlagen und Grenzen

Das Straßenverkehrsgesetz (StVG) überlässt die Parkgebührenerhebung grundsätzlich den Kommunen und ist somit in Einklang mit dem Landauer Ansatz. Umstritten ist dagegen, ob er auch auf Gebiete außerhalb der Innenstadt – wie etwa reine Wohngebiete - ausgeweitet werden darf. Der Verweis auf die Verwaltungsvorschrift zur StVO führt zumeist auf die Grundlage, dass mit den gewährten Freiheiten ein gewisser Wechsel an Fahrzeugen angestrebt wird. Der sogenannte Umschlag an Autos auf einzelnen Stellplätzen soll sichergestellt werden. Da das aber in kleinen und mittelgroßen Städten mit ihren gemischten Quartieren notwendig und von der Struktur üblich ist, hält man diese Voraussetzung in Landau für ausreichend erfüllt. Das „Landauer Modell" ist bislang keiner juristischen Überprüfung unterzogen worden, da es nach Einführung keinen weiteren ernsten Widerstand gegen das Parkraummanagement gab. Dauerparkausweise gibt es aber in vielen deutschen Städten seit Jahren. Der Landauer Ansatz ist also nur die konsequente Umsetzung dieser Möglichkeit.

Kann das „Landauer Modell“ mit klassischem Bewohnerparken kombiniert werden?

Mittlerweile erlaubt das Landesrecht in Rheinland-Pfalz höhere Gebühren für den Bewohnerparkausweis. Lukas Hartmann glaubt, dass beide Instrumente parallel zueinander existieren können. Das erspart schwierige Transformationsprozesse, ermöglicht aber Erweiterungen. Bestehende Zonen für Bewohnerparken könnten bleiben, während in anderen Quartieren Dauer-Parkausweise eingesetzt werden könnten. In jedem Fall müssen der jeweilige Gemeinderat und die jeweilige Stadtverwaltung angemessene – also vergleichbar hohe – Gebühren für Bewohnerparkausweise oder Dauerparkkarten festlegen.

Langfristige Effekte und Ausblick

Landau möchte in den kommenden Jahren in der gesamten Kernstadt das Parkraummanagement einführen. Die Zahl der privaten Pkw in der Stadt ging zwischen 2022 und 2023 trotz wachsender Bevölkerung erstmalig wieder zurück – ein Grund dafür ist die Neuorganisation des Parkraummanagements. Nach anfänglicher Kritik einiger Bürgerinnen und Bürger stellten sich bereits bei vergleichsweise geringen Gebühren schnell positive Auswirkungen ein. Die Ausweitung des Systems ist aus Teilen der Bevölkerung mittlerweile sogar gewünscht, um ungeregelte Zustände und Verdrängungseffekte einzudämmen. Viele der heutigen Autofahrten werden auch auf absehbare Zeit notwendig bleiben, da gerade im ländlichen Räumen wenig Alternativen zur Verfügung stehen. Aber Besitz und Nutzung eines Fahrzeugs in urbanen Räumen muss von der Lokalpolitik nicht privilegiert werden. Obwohl das Vorgehen in Landau auf breite Zustimmung stößt, betritt die Stadt rechtlich gesehen zumindest teilweise Neuland. Damit diese Rechtsunsicherheit andere Kommunen nicht davon abschreckt, eigene Wege zu gehen, braucht es ein modernes Straßenverkehrsrecht. Dieses sollte Städten und Gemeinden individuelle Lösungen des Parkraumanagements ermöglichen – zugeschnitten auf die lokalen Gegebenheiten, auf die lokalen Nutzergruppen und deren Bedarfe. Öffentlicher Raum hat einen Wert. Warum den Umgang damit nicht vor Ort einschätzen, organisieren und entscheiden?

 

[1] Die StVO regelt, dass für „Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel“ Stellplätze im öffentlichen Raum reserviert werden können. Damit werden sie im Vergleich zu anderen Autofahrerinnen und Autofahrern bessergestellt. 

 

Wolfgang Aichinger

Projektleiter Städtische Mobilität,
Agora Verkehrswende

 

Co-Autor: Lukas Hartmann

Lukas Hartmann ist seit 2019 Verkehrsdezernent und seit Anfang 2024 Bürgermeister von Landau in der Pfalz. Zuvor war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität in Landau.
Foto: Stadt Landau

 

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