- Autor:innen
- Wolfgang Aichinger, Janna Aljets, Leon Berks, Dr. Carl-Friedrich Elmer, Dr. Philine Gaffron, Naville Geiriseb, Christian Hochfeld, Philipp Kosok, Elisabeth le Claire, Dr. Urs Maier, Kerstin Meyer, Dr. Ulf Neuling, Johannes Oetjen, Johanna Wietschel, Fanny Tausendteufel, Yannick Thoma, Marion Vieweg, Dr. Wiebke Zimmer
- Versionsnummer
- 1.0
- Veröffentlichungsdatum
-
29. August 2025
- Zitiervorschlag
- Agora Verkehrswende 2025: Verantwortung für die Zukunft der Mobilität. Empfehlungen für Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD mit Mehrwert für wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit, soziale Ausgewogenheit und Klimaschutz im Verkehr.
Verantwortung für die Zukunft der Mobilität
Empfehlungen für Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD mit Mehrwert für wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit, soziale Ausgewogenheit und Klimaschutz im Verkehr.
Einleitung
Die Koalition aus CDU, CSU und SPD steht zu den deutschen und europäischen Klimazielen. Laut Koalitionsvertrag für die 21. Legislaturperiode wird sie das Pariser Klimaabkommen umsetzen und in Deutschland am Ziel der Klimaneutralität 2045 festhalten. Dabei verfolgt sie einen Ansatz, „der Klimaschutz, wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und soziale Ausgewogenheit zusammenbringt und auf Innovationen setzt“ (Koalitionsvertrag Verantwortung für Deutschland, Zeilen 898-902).
Um damit erfolgreich zu sein, braucht es insbesondere für den Verkehrssektor ein ressortübergreifendes Gesamtkonzept. Der Koalitionsvertrag enthält einige Ansätze, die den Weg für eine zukunftsfähige Mobilität in Deutschland bereiten können. Was diese Ansätze konkret bedeuten und wie viel Mehrwert sie für Wirtschaft und Gesellschaft schaffen, wird sich im Laufe der 21. Legislaturperiode zeigen. Viel wird dabei von den zuständigen Bundesministerien und ihrer Zusammenarbeit im Bundeskabinett abhängen. Und es wird darauf ankommen, über das in der nationalen klimapolitischen Diskussion zuletzt dominierende Zwischenziel 2030 hinauszudenken. Mit Blick auf das Ziel Klimaneutralität bis 2045 steht insbesondere der Verkehrssektor mehr und mehr in der Verantwortung, seinen Beitrag zu leisten.
Die Bundesregierung ist zudem laut Klimaschutzgesetz verpflichtet, innerhalb von zwölf Monaten nach Beginn der Legislaturperiode ein Programm zum Erreichen der nationalen Klimaschutzziele für 2030 (mindestens 65 Prozent weniger Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990) und, zum ersten Mal, auch für 2040 (mindestens 88 Prozent) vorzulegen. Dazu gehört die Beschreibung eines konkreten Zielpfads für den Verkehrssektors. Sowohl im Bundesklimaschutzministerium als auch im Bundesverkehrsministerium ist erkennbar, dass an diesem Klimaschutzprogramm gearbeitet wird.
Wie groß der Handlungsbedarf im Verkehrssektor ist, hat der Expertenrat für Klimafragen in seinem Prüfbericht deutlich gemacht.1 Bis 2030 wird der Verkehr sein CO2-Reduktionsziel kumuliert um etwa 167 Millionen Tonnen verfehlen. Das ist mehr, als der Sektor im ganzen Jahr 2024 ausgestoßen hat. Dass andere Sektoren wie Energie und Industrie Mehremissionen des Verkehrs in der Gesamtbilanz ausgleichen, wird nicht lange anhalten. Für die Zeit nach 2030 rechnet der Expertenrat sektorenübergreifend mit deutlichen Zielverfehlungen. Denn Klimaneutralität bis 2045 heißt: Die Treibhausgasemissionen müssen insgesamt auf netto null sinken, auch im Verkehr.
Manche Emissionseinsparungen aus den Jahren 2021 bis 2024 gehen zudem auf die Covid-19-Pandemie und eine schwache Wirtschaft zurück. Bis 2030 wird dieser Puffer aufgebraucht sein – erst recht, wenn die Wirtschaft ohne klare klimapolitische Orientierung wachsen sollte. Eine Politik, die auf eine starke Wirtschaft setzt, sollte deshalb umso mehr anstreben, Wettbewerbsfähigkeit, Klimaschutz und soziale Ausgewogenheit als Ziele in Einklang zu bringen. Nur so kann sie sicherstellen, dass sich Investitionen langfristig auszahlen. Ein Euro kann nur einmal ausgegeben werden. Je mehr dabei auf langfristig wertsichernde Faktoren wie Klima und Soziales geachtet wird, desto größer wird die Dividende sein – für Investoren und für die Gesellschaft.
In der Publikation Kabinettstück Verkehrswende hat Agora Verkehrswende Empfehlungen für ressortübergreifenden Klimaschutz im Verkehr zusammengestellt. Sie machen deutlich, wie die Bundesregierung den Verkehrssektor auf das Ziel der Klimaneutralität 2045 ausrichten und damit den Weg für wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und soziale Ausgewogenheit bereiten kann. Zusammenfassend ergeben sich daraus vier Leitgedanken für die neue Legislaturperiode:
- Finanzreform und Investitionsoffensive fördern Wohlstand und soziale Gerechtigkeit: Deutschland kann im Verkehrssektor bis 2045 klimaneutral werden – ohne Einbußen in der Mobilität und ohne Mehrkosten im Vergleich zu dem, was bis 2045 ohne Kurs auf Klimaneutralität ausgegeben werden müsste. Für den Aufbau der benötigten Kapazitäten bei Infrastrukturen und im öffentlichen Verkehr entwickelt die Bundesregierung eine verlässliche und verfassungskonforme Finanzierungstrategie sowie eine Finanzarchitektur, mit denen öffentliche Investitionen des Bundes, aber auch der Kommunen schnell, langfristig und im hinreichenden Umfang gesichert werden können. Für private Investitionen – vor allem in klimaverträglichere Fahrzeuge im Personen- und Güterverkehr und deren Energieversorgung – benötigen Haushalte und Unternehmen Rahmenbedingungen, die Planungssicherheit und Klimaschutz zugleich gewährleisten.
- Industrielle Transformation sichert Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung: Voraussetzung für einen langfristig erfolgreichen Wirtschaftsstandort Deutschland ist, dass die Industrie entschlossen in der begonnenen Transformation zur Klimaneutralität vorangeht. Für die Automobilindustrie sind die Zukunftschancen mit einem schnellen Hochlauf der Elektromobilität am größten. Dafür sind Orientierung und Planbarkeit sowie ein starker Leitmarkt für Elektrofahrzeuge im Personen- und Güterverkehr unerlässlich. Deshalb braucht es in den kommenden Jahren auf europäischer wie auf nationaler Ebene eine stärkere Verknüpfung von Industrie- und Klimapolitik.
- Integration der Elektromobilität in die Stromnetze senkt Kosten, nachhaltig produzierte erneuerbare Kraftstoffe komplettieren das Ende des fossilen Zeitalters: Die Möglichkeit, bidirektional zu laden – vom Netz in die Batterie und von der Batterie ins Netz – birgt ein erhebliches Potenzial zur Senkung der Kosten sowohl für die Energie- als auch für die Verkehrswende. Ein effektives Management der Ladenachfrage hilft, den Energiebedarf effizienter zu decken und gleichzeitig den Ausbaubedarf der Stromnetze zu verringern. Nachhaltig produzierte erneuerbare Kraftstoffe sind dort eine wichtige Ergänzung für den Klimaschutz im Verkehr, wo es keine batterieelektrische Lösung gibt – insbesondere im Luft- und Seeverkehr.
- Bezahlbare Mobilität für alle gewährleistet gleichwertige soziale Teilhabe in Stadt und Land: Die Preise für Benzin und Diesel werden weiter steigen, je mehr die volkswirtschaftlichen Kosten für das Verbrennen von fossilen Ressourcen angerechnet werden. Eine signifikante Preissteigerung ist für 2027 absehbar, wenn der Europäische Emissionshandel auf die Sektoren Gebäude und Verkehr ausgeweitet wird. Umso mehr braucht es eine Gesamtstrategie, wie insbesondere Menschen mit niedrigerem Einkommen, die bisher auf ein eigenes Fahrzeug mit Verbrennungsmotor angewiesen sind, auf klimaneutrale Alternativen umsteigen können – seien es günstige Elektrofahrzeuge oder ein attraktiver Verbund aus Bus und Bahn, flexiblen Sharing- oder Pooling-Diensten sowie aktiver Mobilität (Fahrrad- und Fußverkehr).2
Im vorliegenden Papier skizziert Agora Verkehrswende anhand der für Klimaschutz im Verkehr relevanten Passagen aus dem Koalitionsvertrag, wie die dort genannten Ansätze ausgestaltet werden sollten, um möglichst große Potenziale für wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit, soziale Ausgewogenheit und Klimaschutz zu erreichen. Die Passagen werden zunächst zitiert, dann wird die Bedeutung des Themas für die Verkehrswende kurz erläutert, dann werden Empfehlungen für die politische Umsetzung aufgelistet. Die Empfehlungen basieren meist auf der Publikation Kabinettstück Verkehrswende. Die Ansatzpunkte aus dem Koalitionsvertrag sind jeweils den Ministerien zugeordnet, die voraussichtlich die Federführung bei der politischen Umsetzung haben werden. Der Großteil fällt in den Verantwortungsbereich der Ministerien für Wirtschaft und Energie sowie für Verkehr; wichtige Aufgaben liegen aber auch in den Ministerien für Finanzen, Digitalisierung und Staatsmodernisierung, Umwelt und Klimaschutz sowie für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
1 Expertenrat für Klimafragen (2025), Prüfbericht zur Berechnung der deutschen Treibhausgasemissionen für das Jahr 2024 und zu den Projektionsdaten 2025.
2 Agora Verkehrswende (2025), Kabinettstück Verkehrswende. Empfehlungen für ressortübergreifenden Klimaschutz im Verkehr als Wegbereiter für Wettbewerbsfähigkeit und soziale Gerechtigkeit, hier S. 9-10.
Bleiben Sie auf dem Laufenden
Neuigkeiten auf der Website? Erhalten Sie regelmäßige Informationen über unseren Newsletter.
Bibliographische Daten
Downloads
-
pdf 496 KB
Verantwortung für die Zukunft der Mobilität
Verantwortung für die Zukunft der Mobilität. Empfehlungen für Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD mit Mehrwert für wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit, soziale Ausgewogenheit und Klimaschutz im Verkehr.