Mobilitätsoffensive für das Land

Wie Kommunen mit flexiblen Kleinbussen den ÖPNV von morgen gestalten können

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Wie Kommunen mit flexiblen Kleinbussen den ÖPNV von morgen
gestalten können

Auf dem Land ist der flächendeckende Zugang zum öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) nicht nur Schlüssel zu nachhaltigerer Mobilität, sondern auch zu mehr Lebensqualität. Eine sinkende Zahl von Supermärkten, Arztpraxen oder Schulen erschwert die gesellschaftliche Teilhabe. Bedarfsverkehr mit Kleinbussen kann in ländlichen Regionen ein Teil der Lösung sein. Der vorliegende Leitfaden soll helfen, das Potenzial besser zu verstehen und das neue Angebot erfolgreich in bestehende öffentliche Verkehrssysteme einzubetten.

Mit dem Ziel der besseren Lebensverhältnisse hat sich die Ampel-Regierung in ihrem Koalitionsvertrag 2021 vorgenommen, für den ÖPNV „Standards für Angebote und Erreichbarkeit“ zu definieren – in urbanen und in ländlichen Räumen. Flexible Kleinbusse, die auf Bestellung („on demand“) und ohne festgelegte Route fahren, bieten dafür eine Chance. Mit einem Netz aus virtuell definierten Haltestellen können solche Bedarfsverkehre auch in dünn besiedelten Gebieten die Bevölkerung an den öffentlichen Verkehr anschließen.

Der vorliegende Leitfaden zeigt anhand von Betriebssimulationen, in welchen Fällen das sinnvoll ist und was es bei der Planung zu beachten gibt.

Kernergebnisse

  1. 1

    Neue Formen des Bedarfsverkehrs können in ländlichen Räumen das Mobilitätsangebot verbessern. ÖPNV-Aufgabenträger und Länder sollten dieses Potenzial nutzen.

    Die Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) von 2021 hat den gesetzlichen Rahmen für mehrere flexible Bedienformen modernisiert. Um in ländlichen Regionen das öffentliche Verkehrsangebot zu verbessern, ist vierlerorts der neu geschaffene Linienbedarfsverkehr (§ 44 PBefG) geeignet. Als Ergänzung des konventionellen Linienverkehrs ermöglicht er kürzere Zugangs-, Warte- und Fahrtzeiten im öffentlichen Nahverkehr. Davon würden insbesondere die elf Prozent der Erwachsenen in ländlichen Räumen ohne Zugang zu einem Pkw im Haushalt profitieren. Auch dient es dem Ziel der Bundesregierung, Erreichbarkeitsstandards in ländlichen Räumen zu etablieren.

  2. 2

    Aufgabenträger können den Linienbedarfsverkehr mit Rücksicht auf Qualität und Wirtschaftlichkeit den lokalen Anforderungen anpassen.

    Die Einführung von Linienbedarfsverkehr erfordert einen Kompromiss zwischen Angebotsqualität und Wirtschaftlichkeit: höhere Qualität verursacht steigende Kosten. Die Aufgabenträgen können dies bei der Vergabe der Verkehrsleistung durch Vorgaben zum angestrebten Besetzungsgrad oder maximalen Umwegen beeinflussen. Komfort und Reisezeiten sollten gegenüber dem Privat-Pkw nicht deutlich im Nachteil sein. Das erfordert meist einen dauerhaften Zuschuss zum Betrieb durch den Aufgabenträger. Lokale Gegebenheiten, wie regelmäßig angefahrene Regionalbahnhöfe oder eine kompakte Siedlungsstruktur, können die Wirtschaftlichkeit des Linienbedarfsverkehrs positiv beeinflussen.

  3. 3

    Linienbedarfsverkehr funktioniert am besten in Kombination mit dem konventionellen Linienverkehr. Er sollte im Verbund mit schnellen, hochwertigen Linienverbindungen eingesetzt werden.

    Besonders in dünn besiedelten Regionen kann der Linienbedarfsverkehr die Qualität des ÖPNV erheblich steigern. Auf Kernstrecken mit hohem Fahrgastaufkommen sind liniengebundene Verkehre wie Regionalzüge oder Plusbusse dagegen die effizientere Bedienform. Welches Angebot sich besser eignet, hängt von Nachfrage und Bündelungspotenzial ab. Auch bei Tarif, Marketing und Fahrgastinformation sollten beide Bedienformen als gemeinsames System verstanden werden.

  4. 4

    Bund und Länder sollten die Aufgabenträger beim Betrieb des Linienbedarfsverkehrs finanziell unterstützen – nur so lassen sich Verlagerungsziele hin zum ÖPNV erreichen.

    Linienbedarfsverkehre werden deutliche Mehrkosten verursachen. Um sie über Pilotprojekte hinaus dauerhaft in das ÖPNV-System zu integrieren, benötigen die kommunalen Aufgabenträger des ÖPNV zusätzliche Unterstützung, die etwa über höhere Regionalisierungsmittel erfolgen kann. Das erfordert eine Erhöhung der bisher vereinbarten Bundesmittel.

  5. 5

    Um den Verkehr in ländlichen Räumen klimafreundlicher umzugestalten, braucht es koordinierte Maßnahmenbündel seitens der Bundesregierung.

    Neben der Förderung des ÖPNV sind Reformen nationaler Fiskalinstrumente notwendig, um klimaschädliche Privilegien und Subventionen schrittweise abzubauen. Nur so können sowohl die Elektrifizierung als auch die Verhaltensänderung im Verkehr unterstützt und ein wirkungsvolles Gesamtpaket für den Klimaschutz geschnürt werden.

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Bibliografische Angaben

  • Autoren

    Christian Reuter, Christian Fritz, Marvin Lannefeld, Jakub Ritschny

  • Publikationsnummer

    92-2023-DE

  • Versionsnummer

    1.0

  • Veröffentlichungsdatum

    02/2023

  • Seitenzahl

    62

  • Zitiervorschlag

    Agora Verkehrswende (2023): Mobilitätsoffensive für das Land. Wie Kommunen mit flexiblen Kleinbussen den ÖPNV von morgen gestalten können.

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