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Die Politik muss heute das Abgaben- und Steuersystem für den Pkw-Verkehr neu ausrichten, um die enormen Herausforderungen der kommenden Jahre bewältigen zu können.
Die bestehenden Steuern, Abgaben, Subventionen und Förderprogramme im Verkehr tragen nicht den klima-, verkehrs- und haushaltspolitischen Notwendigkeiten Rechnung, die im Laufe dieses Jahrzehnts immer stärker hervortreten werden. Ihre Gesamtarchitektur entstammt größtenteils aus der Hochphase der fossilen Energieversorgung, weist aber nicht in die klimaneutrale Zukunft. Die bisher auf einzelinstrumenteller Ebene erfolgten Anpassungen sind Stückwerk. Um die fiskalischen Politikinstrumente über die laufende Legislaturperiode und auch über das Jahr 2030 hinaus fit für die notwendige Verkehrswende zu machen, sind diese an die gegenwärtigen wie zukünftigen Erfordernisse anzupassen, aufeinander abzustimmen und zielgerichtet um zukunftsfeste und intelligente Lösungen zu ergänzen. Eine neue Fiskalarchitektur muss vor allem sicherstellen, dass der Pkw-Verkehr seinen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele leistet, dass hochwertige Verkehrsinfrastrukturen und Mobilitätsangebote für alle finanziert werden können sowie dass die Konkurrenz um die knappe Ressource öffentlicher Raum entschärft wird und Straßenkapazitäten nicht überlastet werden. Dies muss gleichermaßen ökonomisch effizient und sozial ausgewogen gelingen.
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Eine klug austarierte Fiskalarchitektur ist eine Gesamtkonzeption unter Berücksichtigung instrumenteller Wechselwirkungen und antizipiert die anstehende Transformation.
Tragende Säulen der fiskalischen Architektur zur Emissionsminderung des Verkehrs sind zum einen Instrumente, die primär beim Aktivitätsniveau und der Verkehrsmittelwahl ansetzen, indem sie die (relativen) Preise für verschiedene Mobilitätsformen ändern, und zum anderen solche, die zuvorderst auf eine Beeinflussung der Fahrzeugeigenschaften abzielen. Einige Instrumente adressieren mehr als einen Hebel, weshalb sie gut aufeinander abzustimmen und Synergien und Konkurrenzen zu beachten sind. Eine sorgfältige und auch regelmäßig zu prüfende Abstimmung ist auch deshalb notwendig, da sich die Bedeutung der einzelnen Instrumente im Verlauf des Transformationsprozesses ändert – neben solchen mit stetig wachsender oder stetig sinkender Bedeutung hinsichtlich Klimaschutz und Aufkommenssicherung, kommt für andere Instrumente nur eine temporäre Rolle infrage.
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Die nationale Fiskalarchitektur ergänzt die klimapolitischen Rahmenbedingungen und Instrumente, die auf europäischer Ebene für den Pkw-Verkehr gesetzt werden.
Wechselwirkungen bestehen insbesondere auch zu den auf europäischer Ebene angesiedelten klimapolitischen Instrumenten für den Pkw-Verkehr. Von besonderer Bedeutung ist das Zusammenspiel von EU-Flottengrenzwerten und fiskalischen Anreizstrukturen beim Fahrzeugkauf auf nationaler Ebene. Bei wohlüberlegter, ambitionierter Ausgestaltung können sich beide Regulierungsansätze so ergänzen, dass sie gemeinsam das volle Potenzial zur Flottentransformation erschließen. In der mittleren Frist ergibt sich überdies mit dem vorgesehenen Übergang des CO2-Zertifikatehandels für Kraftstoffe von der nationalen auf die europäische Ebene wichtiger Koordinierungsbedarf.
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Die Kernelemente eines klimapolitisch wirksamen, volkswirtschaftlich effizienten, fiskalisch zukunftsfesten und sozial ausgewogenen Instrumentenportfolios sind aus unserer Sicht:
a. Anhebung des CO2-Preispfades für den Brennstoffemissionshandel sowie – nach dessen mittelfristiger Überführung in ein europäisches Handelssystem – Sicherstellung eines angemessenen Mindestpreises über die Energiebesteuerung; Entwicklung eines praktikablen Modells für eine Klimaprämie zur Einnahmenrückverteilung, aber keine Anhebung der Entfernungspauschale, sondern deren Überführung in ein sozial ausgewogeneres Mobilitätsgeld b. Unverzügliche Vorbereitung und mittelfristige Einführung einer intelligenten, fahrleistungsabhängigen Pkw-Maut als stabiles Finanzierungsinstrument für die Verkehrsinfrastruktur und nachhaltige Mobilitätsangebote sowie zur verbesserten Verkehrslenkung c. Strukturelle Reform der Kfz-Besteuerung: Einführung eines deutlichen, bei der Erstzulassung ansetzenden Preissignals als zentrales nationales Steuerungsinstrument für die Transformation der Fahrzeugflotte und zur Gegenfinanzierung von Umweltbonus/Innovationsprämie; Abschaffung der jährlichen Kfz-Steuer für alle Pkw bei Maut-Einführung d. Reform der Förderung elektrisch angetriebener Pkw durch eine degressive Ausgestaltung und stärkere Ausrichtung am tatsächlichen Klimaschutzbeitrag – sowohl für Plug-in-Hybride als auch für vollelektrische Pkw e. Abschaffung von steuerlichen Privilegien und Fehlanreizen bei der privaten Dienstwagennutzung durch die ökologisch differenzierte Anhebung des zu versteuernden geldwerten Vorteils und Berücksichtigung der privaten Fahrleistung sowie ergänzende Sonderabschreibungsregeln für vollelektrische Firmenwagen
Dieser Inhalt ist auch verfügbar auf: Englisch
Faire Preise im Straßenverkehr
Leitlinien für eine klimagerechte, effiziente und sozial ausgewogene Reform der Steuern, Abgaben und Subventionen rund um den Pkw
Einleitung
Die Politik steht im Straßenpersonenverkehr vor großen Herausforderungen. Die bestehenden Steuern, Abgaben, Subventionen und Förderprogramme tragen nicht den klima-, verkehrs- und haushaltspolitischen Notwendigkeiten Rechnung, die im Laufe dieses Jahrzehnts immer stärker hervortreten werden. Sie verhindern Einsparungen beim Verbrauch von Benzin und Diesel und setzen falsche Anreize für immer mehr Pkw-Verkehr sowie immer mehr Bedarf an Straßen und öffentlichem Raum. Das wird zu immer höheren Kosten führen, für die Autofahrerinnen und Autofahrer und für die Allgemeinheit.
Um die fiskalischen Politikinstrumente über die laufende Legislaturperiode und auch über das Jahr 2030 hinaus fit für die Verkehrswende zu machen, sind diese an die gegenwärtigen wie zukünftigen Erfordernisse anzupassen, aufeinander abzustimmen und zielgerichtet um zukunftsfeste und intelligente Lösungen zu ergänzen. Eine neue Fiskalarchitektur muss vor allem sicherstellen, dass der Pkw-Verkehr seinen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele leistet, dass hochwertige Verkehrsinfrastrukturen und Mobilitätsangebote für alle finanziert werden können sowie dass die Konkurrenz um die knappe Ressource öffentlicher Raum entschärft wird und Straßenkapazitäten nicht überlastet werden.
In diesem Diskussionspapier skizzieren wir die Kernelemente einer Fiskalreform für faire Preise im Straßenverkehr. Dazu gehören die soziale und ökologische Weiterentwicklung von Kfz-Steuer, Pkw-Kaufzuschüssen und Dienstwagenbesteuerung, ein Klimageld zum Ausgleich von Mehrbelastungen – finanziert aus der Anhebung des CO2-Preises auf Kraftstoffe – und die Einführung einer fahrleistungsabhängigen Pkw-Maut. Das Papier soll dazu ermutigen, die Aufgabe systematisch anzugehen und Planungs- und Investitionssicherheit für alle zu schaffen, die den Weg freimachen für die Mobilität von morgen.
Kernergebnisse
Bibliographische Daten
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Grafiken aus dieser Publikation
Entwicklung der Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor 1990 bis 2020, Schätzung für 2021 und jährliches Sektorziel 2020 bis 2030
Von Faire Preise im Straßenverkehr auf Seite 1
Entwicklung des Energiesteueraufkommens im Pkw-Verkehr 2000 bis 2020 und Fortschreibung für 2025 und 2030 auf Basis des Klimaschutzszenarios KN2045
Von Faire Preise im Straßenverkehr auf Seite 2
Projektleitung
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Carl-Friedrich Elmer
Projektleiter Verkehrsökonomie
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Benjamin Fischer
Projektleiter Verkehrsökonomie (bis September 2023)