Europas Batterieindustrie: Über neue Kooperationen zur Wettbewerbsfähigkeit
Agora Verkehrswende veröffentlicht Empfehlungen für eine wettbewerbsfähige und resiliente Batterieproduktion / Fokus auf Partnerschaften mit Rohstoffländern, Aufbau von Wertschöpfungsketten und Zusammenarbeit mit asiatischen Zellproduzenten
24. Juni 2025. Der Thinktank Agora Verkehrswende empfiehlt der Bundesregierung in einem Diskussionspapier, den Ausbau der Batterieindustrie in Deutschland und Europa zu forcieren. Ziel müsse sein, bei der Zellfertigung, der Rohstoffverarbeitung und der Komponentenherstellung schnell krisenfester und anschlussfähig an die Weltmarktspitze zu werden. Dafür brauche es ein Bündel von Maßnahmen, unter anderem strategische Partnerschaften mit Rohstoffländern, Mindestvorgaben für in Europa gefertigte Batteriebestandteile und Kooperationen mit asiatischen Technologieführern, zum Beispiel in Form von Joint-Ventures. Zudem sei eine deutlich bessere Förderung aller Wertschöpfungsschritte für Fahrzeugbatterien inklusive eines hochwertigen Batterierecyclings in Europa nötig.
Christian Hochfeld, Direktor von Agora Verkehrswende: „Die Automobilindustrie befindet sich im größten Strukturwandel ihrer Geschichte. Die Elektromobilität wird in den kommenden Jahren zur dominanten Antriebsform. In diesem Transformationsprozess spielt die Batterietechnologie eine Schlüsselrolle. Der globale Wettlauf um die Weltmarktführerschaft der Batterieproduktion scheint für Europa fast schon verloren. Will Deutschland den Anschluss an die Weltmärkte finden, sollte die Industriepolitik der Bundesregierung den Aufbau einer wettbewerbsfähigen Batterieindustrie in der EU und hierzulande beschleunigen. Ein führender Automobilstandort Deutschland braucht eine starke heimische Batterieindustrie.“
Nach einer Prognose der Internationalen Energieagentur (IEA) wird die weltweite Nachfrage nach Batterien für Elektrofahrzeuge mit den bereits beschlossenen politischen Maßnahmen bis zum Jahr 2035 in etwa auf das Siebenfache des heutigen Werts ansteigen. In der Batterieproduktion habe Asien sowohl technologisch als auch von den Mengen her bereits einen beträchtlichen Vorsprung. Laut aktuellen Zahlen der IEA beträgt die chinesische Batteriezellfertigungskapazität etwa das Vierzehnfache der europäischen, obwohl der chinesische Markt für Elektroautobatterien im Vergleich nur etwa dreimal so groß ist. Zwar habe sich die EU das Ziel gesetzt, eine weltweit führende Region in der nachhaltigen Batterieproduktion zu werden. Sie könne aber aktuell gegenüber China in vielen Bereichen der Batterieherstellung und -technologie nicht Schritt halten, konstatiert Agora Verkehrswende in seinem Diskussionspapier.
Europäische Antwort auf weltweites Wettrennen um Technologiestandorte nötig
Um den Entwicklungsrückstand zu Asien aufzuholen, brauche es auf EU-Ebene eine industriepolitische Strategie für die Ansiedlung asiatischer Unternehmen nach europäischen Regeln, so der Thinktank. Innovationen könnten beispielsweise durch Gemeinschaftsunternehmungen (Joint Ventures) von asiatischen Technologieführern mit deutschen oder europäischen Partnern entstehen. Wichtig dabei sei, dass einheitliche Regeln für die Bereiche Umweltschutz und Arbeitnehmerrechte gelten.
Die Bundesregierung solle die Einführung von Mindestanteilen für in der EU produzierte Batteriebestandteile unterstützen, so Agora Verkehrswende. Eine Ansiedlungspolitik der für die Batterieproduktion notwendigen Wertschöpfungsketten bewirke eine größere europäische Resilienz angesichts komplexer und instabiler weltweiter Lieferketten und schaffe zukunftsfähige Arbeitsplätze. Neben der Zellfertigung seien insbesondere die Rohstoffverarbeitung wie beispielsweise die Raffination von Lithium sowie die Komponentenherstellung in Europa notwendig. Die Vorhaben der EU zur Lokalisierung wiesen in die richtige Richtung – allerdings seien sie bislang nicht substanziell mit Fördermitteln unterlegt.
Rohstoffpartnerschaften und Recycling schaffen Resilienz
Für den Aufbau einer Batterieindustrie werde die EU überwiegend auf den Import von Batterierohstoffen angewiesen sein. Dafür brauche es nach Einschätzung von Agora Verkehrswende strategische Partnerschaften mit rohstoffreichen Ländern aus allen Teilen der Welt – auch um unabhängiger von China zu werden. Angesichts des weltweiten Wettlaufs um Rohstoffe sei die EU gefragt, attraktive Verträge zum beiderseitigen Nutzen anzubieten.
Vor allem bei Partnerschaften mit Ländern des Globalen Südens ginge es auch darum, eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung und Wertschöpfung vor Ort zu fördern. Darüber hinaus brauche es ein technisch hochwertiges Batterierecycling, um den Bedarf an Primärrohstoffen zu senken und für stabilere Wertschöpfungsketten zu sorgen. Deutschland habe für den Ausbau der Recyclingwirtschaft im europäischen Vergleich gute Voraussetzungen.
Kerstin Meyer, Projektleiterin Elektromobilität bei Agora Verkehrswende: „Es ist gut, dass die Regierungsparteien in ihrem Koalitionsvertrag die Förderung der Batteriezellfertigung inklusive der Rohstoffgewinnung, des Recyclings und des Maschinen- und Anlagenbaus angekündigt haben. Wichtig ist, dass die Bundesregierung dieses Vorhaben jetzt entschlossen voranbringt und eine ausreichende Finanzierung sicherstellt.“
Hinweise für Redaktionen
Das Diskussionspapier „Starke Batterieindustrie, starker Automobilstandort“ steht kostenlos hier zum Download zur Verfügung.
Über Agora Verkehrswende
Agora Verkehrswende ist ein Thinktank für klimaneutrale Mobilität mit Sitz in Berlin. Im Dialog mit Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft setzt sich die überparteiliche und gemeinnützige Organisation dafür ein, die Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor auf null zu senken. Dafür entwickelt das Team wissenschaftlich fundierte Analysen, Strategien und Lösungsvorschläge. Initiiert wurde Agora Verkehrswende Anfang 2016 von der Stiftung Mercator und der European Climate Foundation. Gesellschafter sind die beiden Stiftungen. www.agora-verkehrswende.de
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