Verkehrswende-Radar: Weiterhin weniger Autoverkehr als vor Corona
Datenanalyse von Agora Verkehrswende liefert Kennzahlen zum Wandel auf Deutschlands Straßen und Schienen / Homeoffice und Deutschlandticket als Hauptursachen für weniger Pkw-Nutzung / Nachhaltige Veränderungen erfordern politisches Handeln

8. Juli 2025. Pkw werden in Deutschland noch immer weniger genutzt als vor der Corona-Pandemie, während die Zahl der Fahrzeuge weiter zunimmt. Das zeigt die erste Ausgabe des Verkehrswende-Radars, eine in Zukunft vierteljährlich erscheinende Datenanalyse des Thinktanks Agora Verkehrswende. Im Vergleich zum vierten Quartal 2019, dem Vergleichszeitraum vor der Corona-Pandemie, lag das Pkw-Aufkommen im vierten Quartal 2024 auf Autobahnen bei 96 Prozent, auf Bundesstraßen sogar nur bei 93 Prozent. Der Pkw-Bestand wuchs hingegen auf 104 Prozent im Vergleich zum Vor-Corona-Niveau. Dass Pkw eher stehen gelassen werden, liege unter anderem am Arbeiten im Homeoffice und am Deutschlandticket, so Agora Verkehrswende. Ein enger Zusammenhang mit den Kraftstoffpreisen lasse sich hingegen nicht beobachten.
Dr. Wiebke Zimmer, stellvertretende Direktorin von Agora Verkehrswende: „Die Zeit des Verkehrswachstums auf deutschen Straßen scheint zu Ende zu gehen. Das zeichnete sich bereits vor einem Jahr in unseren Datenanalysen ab und zeigt sich jetzt wieder in unserem Verkehrswende-Radar. Gleichzeitig ist die Bundesregierung noch weit davon entfernt, die Rahmenbedingungen auf emissionsfreie Mobilität und Logistik auszurichten. Ein Kurs auf Klimaneutralität in der Verkehrspolitik ist nicht nur für das Wohl der Gesellschaft unerlässlich, sondern auch für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit des Mobilitätsstandorts Deutschland.“
Auch das Lkw-Aufkommen liegt seit mehreren Quartalen unter dem Vor-Corona-Niveau (Lkw auf Autobahnen im vierten Quartal 2024: 96 Prozent; auf Bundesstraßen: 88 Prozent). Dies hänge vor allem mit der gesamtwirtschaftlichen Lage zusammen. Anders als bei Pkw hat bei Lkw ab 3,5 Tonnen aber auch der Bestand leicht abgenommen (98 Prozent).
Informationsangebot für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft
Neben dem Pkw- und Lkw-Aufkommen liefert der Verkehrswende-Radar Kennzahlen und Infografiken zu weiteren Aspekten: Nachfrage im öffentlichen Verkehr, Entwicklung von Fahrzeugbestand und Ladeinfrastruktur, Verfügbarkeit von batterieelektrischen Pkw. Die Analyse basiert hauptsächlich auf öffentlich zugänglichen Daten, zum Beispiel von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), vom Statistischen Bundesamt, vom Kraftfahrtbundesamt und vom ADAC. Bei der Aufbereitung der BASt-Daten arbeitet Agora Verkehrswende mit dem Beratungsunternehmen KCW zusammen. Ein Begleitkreis mit Expertinnen und Experten berät Agora Verkehrswende bei der Entwicklung und weiteren Umsetzung des Datenprojekts.
Dr. Philine Gaffron, Projektleiterin bei Agora Verkehrswende: „Wer den Verkehr in Deutschland zukunftsfähig machen möchte, sollte die dafür relevanten Kennzahlen im Blick haben. Mit unserem Verkehrswende-Radar wollen wir dies allen Interessierten erleichtern – sei es in der Politik, in der Wirtschaft oder in der Gesellschaft.“
Längere Strecken im öffentlichen Verkehr
Für den öffentlichen Verkehr verzeichnet der Verkehrswende-Radar einen leicht positiven Trend. Das Fahrgastaufkommen im öffentlichen Nahverkehr übertraf 2024 zeitweise das Vor-Corona-Niveau, während die Verkehrsleistung in Personenkilometern konstant darüber lag (Nahverkehr Schiene im vierten Quartal 2024: 110 Prozent; Nahverkehr Straße: 103 Prozent). Wenn Menschen mit Bus und Bahn fahren, legen sie also mittlerweile etwas längere Wege zurück als vor der Pandemie. Der perspektivisch notwendige Zuwachs im öffentlichen Verkehr sei aber aus Sicht von Agora Verkehrswende nur mit einem massiven und langfristig gesicherten Ausbau des Angebots möglich.
Kaufanreize für E-Autos vor allem in kleinen Fahrzeugsegmenten sinnvoll
Um die Verfügbarkeit von batterieelektrischen Pkw (BEV) einzuschätzen, werden für den Verkehrswende-Radar die Listenpreise der Fahrzeuge auf Basis von Marktdaten des ADAC ausgewertet. Für das erste Quartal 2025 zeigt der Radar, dass in allen Fahrzeugsegmenten zahlreiche BEV-Modelle angeboten werden. In den oberen Segmenten sind es zwar deutlich mehr (obere Mittelklasse: 467 Modelle, Oberklasse: 323), aber auch in den unteren Segmenten wird die Auswahl größer (Kleinstwagen: 23 Modelle, Kleinwagen: 76).
Die Durchschnittspreise für batterieelektrische Fahrzeuge reichten im ersten Quartal 2025 von knapp 33.000 Euro für einen Kleinstwagen bis rund 87.000 Euro für einen Wagen aus der Oberklasse. In den oberen Segmenten waren die Durchschnittspreise von BEV nicht weit entfernt von den Preisen für vergleichbare Verbrennerfahrzeuge. In der mittleren Oberklasse betrug die Preisdifferenz nur noch 8 Prozent, bei den Kleinstwagen hingegen 38 Prozent. Politische Maßnahmen zur Förderung der Elektromobilität sollten deshalb aus Sicht von Agora Verkehrswende auch darauf abzielen, BEV-Modelle in den kleinen Segmenten durch einkommensabhängige Kaufanreize für Haushalte mit kleinem Budget erschwinglicher zu machen.
Der Verkehrswende-Radar ist ein Informationsangebot von Agora Verkehrswende und lässt sich online aufrufen unter:
https://www.agora-verkehrswende.de/veroeffentlichungen/verkehrswende-radar.
Über Agora Verkehrswende
Agora Verkehrswende ist ein Thinktank für klimaneutrale Mobilität mit Sitz in Berlin. Im Dialog mit Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft setzt sich die überparteiliche und gemeinnützige Organisation dafür ein, die Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor auf null zu senken. Dafür entwickelt das Team wissenschaftlich fundierte Analysen, Strategien und Lösungsvorschläge. Initiiert wurde Agora Verkehrswende Anfang 2016 von der Stiftung Mercator und der European Climate Foundation. Gesellschafter sind die beiden Stiftungen. www.agora-verkehrswende.de
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