Steuersignale zur Transformation der Pkw-Flotte (Gesamtbericht)

Reformoptionen für eine faire und klimagerechte Kfz- und Dienstwagenbesteuerung

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Reformoptionen für eine faire und klimagerechte Kfz- und Dienstwagenbesteuerung

In dieser Studie haben wir, gemeinsam mit dem Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstitut an der Universität zu Köln (FiFo Köln) und dem RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (RWI Essen), genauer untersucht, wie die Kfz- und Dienstwagenbesteuerung bisher wirkt, worauf es bei einer zukunftsweisenden Reform ankommt und wie eine solche Reform konkret aus­sehen könnte. Wir hoffen, damit einen Beitrag zur Debatte und zum politischen Entscheidungsprozess leisten zu können.

Die aktuelle Lage drängt zu raschem und entschlossenem Handeln. Der Verkehrssektor konnte seine Treibhausgas­emissionen bisher nicht ausreichend mindern und hat 2021 das im Klimaschutzgesetz festgelegte Ziel verfehlt. Hinzu kommt Russlands Krieg gegen die Ukraine, der uns vor Augen führt, wie riskant es auch ökonomisch und sicherheitspolitisch ist, von fossilen Kraftstoffimporten abhängig zu sein. Die Transformation der Pkw-Flotte ist ein wichtiger Teil der Lösung, um aus dieser Abhängigkeit herauszukommen. Die Reform der Kfz- und Dienstwagenbesteuerung sollte daher bereits im neuen Klimaschutzsofortprogramm verankert werden, das die Bundesregierung auf den Herbst 2022 verschoben hat. Und konsequent zu Ende gedacht könnte die Bundesregierung mit dieser Reform die dringend notwendige fiskalpolitische Wende im Verkehrssektor einläuten – hin zum Abbau bestehender Fehlanreize und zu einer sozial ausgewogenen und ökologisch nachhaltigen Gestaltung der Steuern, Abgaben und Subventionen rund um den Pkw.

Der Hauptbericht besteht aus drei Teilberichten: Eine Analyse des Status quo der Kfz-Steuer und der Dienstwagenbesteuerung in Deutschland sowie ein Vergleich mit anderen europäischen Ländern bietet Teilbericht A (FiFo und RWI). In Teilbericht B werden Reformvorschläge für die Kfz- und Dienstwagenbesteuerung erarbeitet und diskutiert (FiFo). In Teilbericht C werden die Ergebnisse einer deutschlandweiten Haushaltsbefragung zum Themenkomplex präsentiert und diskutiert (RWI).

 

Kernergebnisse

  1. 1

    Mit zeitnahen strukturellen Reformen der Kfz- und Dienstwagenbesteuerung schafft die Bundes­regierung wirksame Klimaschutzinstrumente zum Erreichen des Klimaziels 2030 im Verkehrssektor.

    Der Verkehrssektor hat bereits 2021, trotz Corona-Effekten, sein Klimaziel verfehlt. Eine Trendwende ist nicht in Sicht. Einer der wichtigsten Hebel besteht darin, die Treibhausgasemissionen der Pkw-Flotte zu reduzieren. Die Chance, über ambitionierte EU-Flottengrenzwerte die Hersteller dazu zu bringen, den CO2-Ausstoß der von ihnen verkauften Fahrzeuge bereits vor 2030 ausreichend schnell zu senken, wurde vergeben. Umso wichtiger ist jetzt die Reform der nationalen Steuern auf Pkw und die private Nutzung von Dienstwagen, weil sie den größten Einfluss darauf haben, dass weniger klimaschädliche Autos gekauft werden.

  2. 2

    Die geltende Kfz- und Dienstwagenbesteuerung gibt insgesamt keine klaren Anreize für die klima­verträgliche Transformation der Pkw-Flotte.

    Die Bundesregierung setzt bisher vor allem auf Subven­tionen für Elektrofahrzeuge. Diese kosten viel Steuergeld und sollten nur für eine Übergangsphase zum Einsatz kommen. Die bereits teilweise am CO2-Ausstoß ausgerichtete Kfz-Steuer wird beim Autokauf kaum berücksichtigt, wie Umfrageergebnisse im Rahmen der vorliegenden Studie zeigen, weil sie über Jahre verteilt und niedrig angesetzt ist. Die Dienstwagenbesteuerung regt Unternehmen und deren Beschäftigte sogar dazu an, besonders große und leistungsstarke Autos anzuschaffen und, vor allem mit Tankkarte vom Arbeitgeber, diese auch ausgiebig zu nutzen. Hinzu kommt, dass vom Dienstwagenprivileg vor allem einkommensstarke Haushalte profitieren.

  3. 3

    Eine klimapolitisch wirksame Kfz-Besteuerung setzt direkt bei der Erstzulassung ein starkes Preissignal für den Kauf von emissionsarmen Pkw.

    Die Höhe der Steuer richtet sich vor allem nach dem CO2-Ausstoß und zusätzlich nach dem Gewicht eines Fahrzeugs. Der Tarifverlauf ist progressiv, sodass auf besonders schwere und emissionsintensive Pkw hohe Steuersätze anfallen können. Das ist ökologisch und sozial sinnvoll, weil große Autos in der Regel mehr Kilometer zurücklegen und eher von denen gekauft werden, die ein höheres Einkommen haben. Zusammen mit den Kaufprämien für Elektrofahrzeuge, die nach und nach gesenkt werden können, entsteht ein Bonus-Malus-System beim Autokauf mit hoher Lenkungswirkung: Klimafreundliches Verhalten wird belohnt, klimaschädliches wird belastet.

  4. 4

    Eine klimapolitisch wirksame Dienstwagenbesteuerung beendet das Dienstwagenprivileg und regt dazu an, emissionsarme Fahrzeuge anzuschaffen und diese maßvoll zu nutzen.

    Oberstes Prinzip ist dabei die steuerliche Neutralität. Ob jemand für private Zwecke ein eigenes Auto oder eines des Arbeitgebers nutzt, sollte steuerlich keinen Unterschied machen. Dafür muss der zu versteuernde geldwerte Vorteil der privaten Dienstwagennutzung neu bemessen werden. Wenn gleichzeitig die Kfz-Steuer reformiert wird, sollte sich der Wert nicht mehr nur am Listenpreis orientieren, sondern auch an der Kfz-Besteuerung bei Erstzulassung. Zudem ist der private Nutzungsumfang steuerlich zu berücksichtigen. Bleibt eine grundlegende Reform der Kfz-Steuer aus, sollte die steuerliche Bemessung nach Listenpreis deutlich angehoben werden.

  5. 5

    Die Reform von Kfz- und Dienstwagenbesteuerung ist essenzieller Bestandteil einer ­Gesamtstrategie für faire und klimapolitisch nachhaltige Preise im Straßenverkehr.

    Die erforderlichen Steuertarife ergeben sich aus den politischen Zielen und den Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Instrumenten. Neben den EU-Flottengrenzwerten sind zum Beispiel auch der CO2-Preis auf Kraftstoffe und eine Mitte dieses Jahrzehnts einzuführende fahrleistungsabhängige Pkw-Maut relevant. Je niedriger die Ambitionen an einer Stelle, umso ambitionierter müssen die anderen Instrumente sein. Die in dieser Studie verwendeten Quantifizierungen bei der Reform von Kfz- und Dienstwagenbesteuerung veranschaulichen das vorgeschlagene Modell, können aber noch keine finale Höhe vorgeben.

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Bibliografische Angaben

  • Autoren

    Dr. Michael Thöne, Eva Gerhards (FiFo Köln); Dr. Mark Andor, Lukas Tomberg (RWI); Dr. Carl-Friedrich Elmer (Agora Verkehrswende)

  • Publikationsnummer

    84-2022-DE

  • Versionsnummer

    1.0

  • Veröffentlichungsdatum

    10/2022

  • Seitenzahl

    218

  • Zitiervorschlag

    Agora Verkehrswende (2022): Steuersignale zur Transformation der Pkw-Flotte. Reformoptionen für eine faire und klimagerechte Kfz- und Dienstwagenbesteuerung.

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