Emissionen des Stromverbrauchs zur harten Währung machen
Verschiedene europäische Rechtsnormen verpflichten Automobilunternehmen dazu, die Emissionen ihres Stromverbrauchs zu erfassen. Allerdings sind die Vorgaben dafür bisher uneinheitlich – mal zählt etwa der nationale Strommix, mal der europäische. Warum die EU eine einheitliche und zuverlässige Methode zur CO2-Bilanzierung im Industriesektor entwickeln und wie diese aussehen sollte.
Einleitung
Von Fanny Tausendteufel, Projektleiterin Industriepolitik und Sektorenkopplung, und Leon Berks, Referent Lieferketten und Rohstoffe bei Agora Verkehrswende
Im europäischen Green Deal hat sich die EU das Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu werden. Da die Industrie für rund 20 Prozent der gesamten europäischen Emissionen verantwortlich ist, wird sie eine wichtige Rolle bei der Erreichung dieses Ziels spielen. Das schließt auch die Automobilindustrie ein. Dementsprechend hat die EU verschiedene Instrumente zur Reduzierung der Industrieemissionen eingeführt, darunter die EU-Richtlinie zur Unternehmens-Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Social Responsibility Directive, CSRD), die Batterieverordnung, den CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) und die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED).
Diese Vorschriften basieren jedoch derzeit auf unterschiedlichen Methoden zur CO2-Bilanzierung. So verlangt der CBAM, dass Unternehmen die durch ihre Produktion verursachten Emissionen auf der Grundlage der Emissionsintensität des europäischen Stromnetzes melden. Die RED III und der aktuelle Entwurf des delegierten Rechtsakts zur Batterieverordnung sehen hingegen den nationalen Strommix als Grundlage für die CO2-Bilanzen, basierend auf dem Produktionsstandort des Unternehmens. Diese Inkonsistenz ist insbesondere für Automobilhersteller und -zulieferer relevant, da sie von allen genannten Rechtsvorschriften gleichzeitig betroffen sein können.
Unabhängig davon, ob Unternehmen ihre CO2-Emissionen melden oder einen Preis auf Basis der CO2-Bilanz ihrer Produkte (Product Carbon Footprint, PCF) zahlen müssen, benötigen sie Methoden, um ihre Emissionen zuverlässig und einheitlich zu messen. Nur dann können sie ihre Emissionen kosteneffizient reduzieren. Eine konsistente Messung der Emissionen ist auch erforderlich, um das Vertrauen von Unternehmen, Konsumenten und Finanzmarktakteuren in die europäische Klimapolitik zu stärken.
Direkte Stromabnahmeverträge können Energiewende unterstützen
Neben der Art der Messung der CO2-Emissionen stellt sich die Frage, welche Instrumente zur Emissionsminderung zulässig sind. So können beispielsweise Stromabnahmeverträge (Power Purchase Agreements, PPAs) nach dem Entwurf des delegierten Rechtsakts nicht im Rahmen der Batterieverordnung berücksichtigt werden. Dies ist problematisch, da PPAs das Potenzial haben, die Energiewende erheblich zu unterstützen und zu beschleunigen.
Diese langfristigen Verträge zwischen Stromerzeugern und Abnehmern bieten Anlagenbetreibern finanzielle Stabilität und erleichtern den Ausbau neuer Anlagen für erneuerbare Energien. Damit sind PPAs für Unternehmen ein wertvolles Instrument zur Reduzierung der Emissionen ihres Stromverbrauchs. Aus diesem Grund sind sie auch ein wesentlicher Bestandteil der überarbeiteten Elektrizitätsmarktdesign-Verordnung (Electricity Market Design Regulation).
Der Ausschluss von PPAs aus der Batterieverordnung erschwert es hingegen Unternehmen, ihre CO2-Bilanz und die CO2-Bilanz ihrer Produkte zu beeinflussen. Ohne die Möglichkeit, vertragliche Instrumente wie PPAs zu nutzen, bleibt ihnen nur die Wahl von Produktionsstandorten mit geringer Emissionsintensität, um die Emissionen ihres Stromverbrauchs zu reduzieren. Dies nimmt Unternehmen die Handlungsfähigkeit und macht klimapolitische Maßnahmen zu standortpolitischen Maßnahmen.
Die gute Nachricht ist: Die Europäische Kommission hat im Rahmen des Clean Industrial Deals angekündigt, dieses Jahr die Methoden zur CO2-Bilanzierung zu vereinfachen und zu harmonisieren. Ein wichtiger Schritt wäre hierfür die Aufnahme von PPAs in die Batterieverordnung. Um das Potenzial von PPAs auszuschöpfen, sollten bei der Ausgestaltung folgende drei Kriterien berücksichtigt werden: Zusätzlichkeit, zeitliche Korrelation und geografische Korrelation.
Die Zusätzlichkeit stellt sicher, dass Unternehmen in neue Projekte im Bereich erneuerbare Energien investieren, anstatt Stromabnahmeverträge mit bereits bestehenden Anlagen zu schließen. Die zeitliche Korrelation gewährleistet, dass der Stromverbrauch mit der Erzeugung übereinstimmt. Und die geografische Korrelation stellt sicher, dass erneuerbarer Strom in ausreichender Nähe zum Verbrauchsort erzeugt wird, wodurch Netzengpässe reduziert werden können.
Ein Entwurf für einen politischen Rahmen, der diese Kriterien enthält, findet sich in den delegierten Rechtsakten zur RED über die Herstellung von erneuerbaren Kraftstoffen nicht-biologischen Ursprungs (Renewable Fuels of Non-Biological Origin, RFNBO).
Doppelzählung von erneuerbaren Energiequellen ausschließen
Zudem sollte ein Zertifizierungssystem zur Überprüfung von umweltbezogenen Ansprüchen eingeführt werden, wie es in den delegierten Rechtsakten zur RED II vorgesehen ist. Damit würde sichergestellt, dass die oben genannten Kriterien erfüllt werden und gleichzeitig das Risiko der Doppelzählung minimiert wird.
Eine Doppelzählung liegt vor, wenn die Umweltattribute von Strom aus erneuerbaren Energiequellen von mehreren Parteien geltend gemacht werden. Dies war ein wichtiger Grund für den Ausschluss vertraglicher Instrumente wie PPAs aus der Batterieverordnung, da die Überprüfung solcher Ansprüche außerhalb der EU schwierig ist. Ein Zertifizierungssystem könnte sicherstellen, dass Umweltattribute nur dem Käufer zugeordnet werden, der ein PPA mit dem Stromerzeuger abgeschlossen hat.
Es ist vielversprechend, dass die Europäische Kommission die Harmonisierung der Methoden zur Kohlenstoffbilanzierung als notwendig erachtet. Dies ist eine wichtige und dringende Aufgabe, nicht nur für die Verringerung der Industrieemissionen, sondern auch für weitere Fortschritte bei der Energiewende und der Verkehrswende – und damit für die Erreichung der im europäischen Grünen Deal festgelegten Ziele. Nun gilt es, geeignete politische Maßnahmen umzusetzen.
Dieser Artikel erschien erstmals als Standpunkt im Tagesspiegel Background Energie & Klima sowie im Tagesspiegel Background Verkehr & Smart Mobility am 23. Juni 2025.
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