Parkraummanagement: Zeit für ein Update

Parkende Autos nehmen zu viel Platz ein im öffentlichen Raum. Kommunen sowie Bund und Länder können das ändern und damit Städte krisenfester und lebenswerter machen

Wolfgang Aichinger, Anne Klein-Hitpaß

In Zeiten von lockdown und physical distancing wurde die Bedeutung des öffentlichen Raums besonders spürbar. Bei vielen Menschen rückte auch die übermäßige Belegung öffentlicher Flächen durch den ruhenden Kfz-Verkehr in den Fokus. Was lange Zeit einfach hingenommen wurde, stellte sich innerhalb weniger Tage plötzlich in einem neuen Licht dar: Die Corona-Pandemie hat die Schieflage zugunsten des privaten Autos in unseren Straßen sichtbar gemacht.

Das sollte sich eine krisenfeste und klimagerechte Verkehrspolitik zunutze machen, da die Schaffung attraktiver Alternativen (Pull-Maßnahmen) nicht ausreicht. Für die Verkehrswende in der Stadt braucht es zusätzliche Schritte, die die Attraktivität des privaten Autos schmälern (Push-Maßnahmen). Parken ist dafür ein wichtiger Ansatzpunkt und das Parkraummanagement bietet einige effektive Maßnahmen, die sofort von den Kommunen umsetzbar sind. Zugleich besteht hoher Reformbedarf – auf allen Ebenen, von Kommunen über die Länder bis hin zum Bund.

Die Politik muss neben Pull-Maßnahmen auch Push-Maßnahmen umsetzen, damit die Verkehrswende in den Städten real wird. Parkraummanagement bietet hierfür ein effektives Maßnahmenbündel.


Parkraum managen, nicht verwalten

Grundsätzlich besteht Parkraummanagement aus drei Handlungsfeldern: Der Angebotssteuerung, den Informationssystemen und der Parkraumbewirtschaftung, also der Beschränkung, Bepreisung und Überwachung von Parkraum. Parkraummanagement hat zum Ziel, das Angebot und die Nachfrage von Stellplätzen, sei es im privaten oder öffentlichen Raum, zu beeinflussen. Entgegen der heutigen Praxis, die oft von einer gut gemeinten Versorgungshaltung bei gleichzeitiger Konfliktscheu geprägt ist, handelt es sich um eine „Management“-Herausforderung. Die Aufgabe besteht darin, den motorisierten Verkehr (und dabei eben auch den ruhenden Kfz-Verkehr) entlang der Zielstellungen der kommunalen Verkehrspolitik zu steuern und das städtische Mobilitätsgeschehen aktiv zu gestalten.

Die Angebotssteuerung ist in der Öffentlichkeit immer dann Thema, wenn Stellplätze umgewandelt werden sollen, beispielsweise zugunsten von Radwegen, Busspuren oder Tramlinien. Das Problem: Parken ist heute laut Rechtslage überall dort erlaubt, wo es nicht explizit ausgeschlossen ist. Für viele Menschen kommt jeder verlorene Parkstand einem Eingriff in ein (fiktives) Grundrecht gleich. In den meisten Städten gibt es auch keine belastbaren Informationen zur Anzahl von Parkständen, sei es im öffentlichen Straßenraum oder in kommunalen und privaten Parkhäusern.

Informationssysteme bieten die Möglichkeit, beispielsweise durch Parkleitsysteme Parksuchverkehre zu lenken. Mit ihrer Hilfe können die Kapazitäten von Parkhäusern besser ausgelastet und der ruhende Verkehr aus dem öffentlichen Raum verlagert werden.

Kurzparkgebühren oder Anwohnerparkausweise sind Teil der Parkraumbewirtschaftung. Diese sollen möglichst flächenhaft angewendet werden, um Ausweich- und Parksuchverkehre in nicht bewirt­schafteten Gebieten zu vermeiden. Nach jahrzehntelangem Stillstand besteht hoher Reformbedarf: Bis vor kurzem war die Gebühr für einen Anwohner­parkausweis durch den Bund auf rund 30 Euro pro Jahr gedeckelt, was dieses Instrument aus Steuerungssicht völlig unwirksam gemacht hat. Dazu kommen fehlende Überwachung und geringe Bußgelder.


Sanktionen müssen weh tun

Seit Mai 2020 haben die Länder die Möglichkeit, diesen Gebührenrahmen für die Kommunen anzupassen oder die Entscheidung an die Kommunen weiterzugeben. Über die Höhe der Gebühren für Anwohnerparken herrscht noch Diskussionsbedarf. Der Deutsche Städtetag schlägt einen Gebührenkorridor bis 200 Euro vor. Betrachtet man die Kosten, die von den Kommunen für das Bereitstellen und Bewirtschaften von Parkflächen aufgewendet werden müssen, erscheint eine höhere Gebühr angemessen. Andere Städte in Europa sind schon deutlich mutiger. So kostet ein Anwohnerparkausweis in Amsterdam 535 Euro, in Riga 660 Euro und in Stockholm 827 Euro für das Parkrecht im knappen öffentlichen Raum. Auch die Digitalisierung von Parkausweisen ist im Ausland bereits weiter vorangeschritten.

Gebühren für Anwohnerparken in verschiedenen europäischen Städten

Bei Kurzparkgebühren haben die Kommunen (in den meisten Bundesländern) die Freiheit, diese jährlich anzupassen – hier ist es nur gerecht, sich an den Preissprüngen für ÖPNV-Tickets zu orientieren. Vereinfacht werden sollten die Vorgaben, die der Bund für die Erstellung von Parkraum­konzepten definiert hat. Bund und Länder sollten außerdem den Kommunen Geld für professionelle Kommunikation und Partizipationsprozesse zur Verfügung stellen.

Falschparken wird bisher weithin praktiziert und toleriert. Mit der zwischenzeitlich wieder zurückgenommenen Novelle der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) aus dem Frühjahr 2020 hätten die Bußgelder für das Parken oder Halten auf Fahrradschutzstreifen, auf Gehwegen oder in der zweiten Reihe erhöht werden sollen. Aus Sicht von Verkehrssicherheit und Verkehrsplanung müssen diese Bußgelder nun wieder rasch auf das geplante Ausmaß erhöht werden.

Unabhängig von der Bußgeldhöhe drücken viele Behörden weiterhin „ein Auge zu“. Insbesondere scheint es vielerorts Grauzonen zu geben, wann standardmäßig Fahrzeuge umgesetzt („abgeschleppt“) werden müssen. Hier ist eine Übereinkunft zwischen Polizei, Ordnungsamt, Verkehrsbetrieben und Verwaltung erforderlich, um Geh- und Radwege oder Busspuren effizient freihalten zu können. Auch hier kann die Digitalisierung dienlich sein, etwa durch eine Parkraumüberwachung, die durch Kontrollfahrzeuge mit Kameras, sogenannte Scan-Cars, unterstützt wird.

Der Bund sollte außerdem den bislang geltenden Grundsatz über die Nutzung des öffentlichen Raums für parkende Fahrzeuge umdrehen und Parken nur mehr dort zulassen, wo es von den Kommunen explizit erlaubt wird.


Neue Spielräume nutzen

Parkraummanagement kann den Druck auf den öffentlichen Raum reduzieren, die Verkehrsmittel­wahl beeinflussen und dafür sorgen, dass Flächen für andere Nutzungen frei werden. Deutschland­weit wurde dieses Instrument viel zu lange nur sehr zögerlich eingesetzt. Der Nachholbedarf ist nun umso größer, ob es um das Durchsetzen von Bußgeldern, eine verhaltensrelevante Erhöhung der Parkgebühren oder die lange überfällige Einrichtung von Radverkehrsanlagen geht.

Für Stadtplanerinnen und Stadtplaner bedeutet dieser neue Handlungsdruck auch eine neue Offenheit für Konzepte, die vor ein paar Jahren noch als „nicht möglich“ abgestempelt worden wären. Jetzt, wo sich die Diskussion zu autofreien Quartieren oder klimaverträglicher Straßengestaltung verschiebt, die Lebensqualität immer stärker in den Mittelpunkt rückt, wird aus Parkraum endlich eine Flächenressource, eine neue „Währung“, die neue Spielräume und Handlungsmöglichkeiten eröffnet. Nutzen wir diese Chance!

 

Gekürzte Fassung eines Gastbeitrags in der Fachzeitschrift PLANERIN (4/2020) der Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung (https://www.srl.de/publikationen/planerin.html).

 

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Agora Verkehrswende (im Erscheinen): Die Digitale Transformation des städtischen Parkens

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